ISI-Kongress 2021 | Workshop 7

Kongressthema: Mittendrin – Leben und Arbeiten in fragilen Zeiten

WS 7
Dr. Christoph Hutter
»Zwischen Engagement und Ausschluss – Das Dilemma der sortierten Gesellschaft«

Vor wenigen Jahren zeigte die Streitschrift „Die sortierte Gesellschaft“ ein echtes Dilemma auf. Auf der einen Seite müssen wir uns als Menschen, aber auch als Gesellschaft darüber klar werden woran unser Herz hängt. Für wen fühlen wir uns zuständig? Wer hat unsere Aufmerksamkeit und unser Engagement besonders verdient? Wen dürfen wir auf keinen Fall im Regen stehen lassen? Es gibt unzählige Gruppen, die einem hier mit guten Gründen einfallen können: Geflüchtete, Frauen, Obdachlose, Hartz-IV-Empfänger, Transgender… So eine „identitätspolitische“ Herangehensweise löst manche Probleme, sie schafft aber auch neue.

Selbstverständlich ist es wichtig, bedürftige Menschen zu identifizieren und sich mit ihnen zu solidarisieren. Aber erstens funktionierte das Schubladendenken der Identitätspolitik nicht. Es stimmt einfach nicht, dass alle Migranten unsere Unterstützung brauchen und es stimmt auch nicht, dass wir uns um „alte weiße Männer“ nicht kümmern müssen. Die definierten Gruppen sind letztlich immer zu große und zu unscharf.

Zweitens stehen wir mit diesem Denken vor dem Dilemma, dass diejenigen Menschen keine Aufmerksamkeit bekommen, die durch die definierten Raster fallen. Wenn wir für immer mehr Gruppen „Safe Spaces“ bauen, in die sie sich zurückziehen können, dann kündigen wir die „Solidarität für alle“ auf.

So lade ich Sie und Euch ein, zu Soziodramen rund um die Frage, wie Solidarität in einer fragmentierten Gesellschaft gehen kann. Für wen schlägt mein Herz? Und wie begegne ich den anderen? Beide Fragen sind wichtig!